Corporate Governance Inside
Legislation & Jurisdiction

BGH-Entscheidung zur Vertretungs­befugnis

Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrates der Aktiengesellschaft bei der Beauftragung eines Sachverständigen

Die Kompetenzen der Organe Vorstand und Aufsichtsrat sind im Hinblick auf Geschäftsführung und Vertretung im Grundsatz klar geregelt. Sowohl die Geschäftsführungs- wie auch die Vertretungsbefugnis obliegen regelmäßig allein dem Vorstand. Die bekannteste Ausnahme besteht im Hinblick auf die Vertretung der AG gegenüber dem Vorstand. Diese erfolgt durch den Aufsichtsrat. Eine weitere Ausnahme existiert bei der Beauftragung von Sachverständigen durch den Aufsichtsrat. Das Aktiengesetz gibt ihm zudem die Möglichkeit, zur Wahrnehmung seiner Überwachungspflichten neben den Auskünften des Vorstands eigenverantwortlich Sachverhalte überprüfen zu lassen, z.B. durch Sachverständige.


Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 20. März 2018 (Az. II ZR 359/16), veröffentlicht im NZG 2018, 629, festgestellt, dass der Aufsichtsrat nicht nur die Geschäftsführung und Vertretungsbefugnis hat, Sachverständige mit Prüfungsaufträgen zu beauftragen, sondern auch deren Tätigkeit leiten und überwachen muss.

Vor diesem Hintergrund ist es auch sachgerecht, dass er bei notwendigen Gerichtsverfahren gegen einen Sachverständigen die Vertretung der Aktiengesellschaft übernimmt. Er verfügt auch über die für die gerichtliche Auseinandersetzung erforderlichen Informationen. Auf deren Grundlage kann er am besten entscheiden, ob und wie ein Rechtsstreit mit einem von ihm beauftragten Sachverständigen geführt wird. Dies gilt zumindest in den Fällen, in denen er direkt und nicht der Vorstand auf Bitten des Aufsichtsrats den Sachverständigen beauftragt hat.


Wesentliches Argument für den Bundesgerichtshof, dem Aufsichtsrat die entsprechende Befugnis einzuräumen, war diese Überlegung: Wäre der Aufsichtsrat verpflichtet, dem Vorstand die unter Umständen vertraulichen Informationen für die Führung des Rechtsstreits mit dem Sachverständigen zu geben, so könnte darin eine Gefährdung der Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Aufsichtsrats liegen.

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