Corporate Governance Inside Legislation & Jurisdiction
ARUG II: Update Related Party Transactions & Vorstandsvergütung
Das ARUG II hat eine Vielzahl von Regelungen eingeführt, die auch und gerade den Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft fordern. Dies gilt beispielsweise sowohl für die Regelungen zu den Related Party Transactions als auch für das Dauerthema der Vorstandsvergütung.
Related Party Transactions
Mit Blick auf die Regelungen zu den Related Party Transactions hat der Aufsichtsrat aufgrund seiner Überwachungsfunktion sicherzustellen, dass bei allen Geschäften mit nahestehenden Personen die Zustimmungs- und Veröffentlichungspflichten beachtet werden und der Vorstand eine Organisation geschaffen hat, die dies gewährleistet. Selbst wenn diese Geschäfte im ordentlichen Geschäftsgang zu angemessenen Bedingungen erfolgen, muss der Aufsichtsrat auch genau die Einhaltung dieser Grenzen überwachen.
In der Regel dürfte sich dazu zunächst ein Zustimmungsvorbehalt in der Geschäftsordnung des Vorstands anbieten. Ferner liegt die organisatorische Verknüpfung mit der Investor-Relations-Abteilung nahe, die häufig tatsächlich dafür zuständig ist, entsprechende Mitteilungen zu veröffentlichen. Es muss aber auch sichergestellt sein, dass es in der Organisation faktisch möglich ist, entsprechende Geschäfte zu identifizieren – eine Herausforderung, vor der zwar auch Unternehmen stehen, die sich in einem faktischen Konzern befinden und den Abhängigkeitsbericht erstellen müssen.
Gerade mit Blick auf die Vor- und Nachwirkung, die bezogen auf die Stellung als nahestehende Person angenommen wird, bringt dies bei Related Party Transactions aber zusätzliche Schwierigkeiten mit sich. Außerdem ist bei dem zu implementierenden Reporting zu berücksichtigen, dass auch Fälle aus Tochtergesellschaften gemeldet und berücksichtigt werden können (müssen). Schließlich muss der Aufsichtsrat dafür Sorge tragen, dass er die Bewertungen, die er in diesem Kontext regelmäßig vornehmen muss, gut dokumentiert. Wie sehr dies die Unternehmen betrifft und fordert, hängt dabei von einer Vielzahl von Faktoren ab – neben der individuellen Unternehmens- und Gesellschafterstruktur insbesondere auch von dem Unternehmensgegenstand und der damit verbundenen Frage, wie viele Geschäfte geschlossen werden und wenn ja, ob mit nahestehenden Personen. Last but not least muss der Aufsichtsrat auch sich selbst entsprechend organisieren, um sicherzustellen, dass etwaige Zustimmungsbeschlüsse nur von den Stimmberechtigten gefasst werden und entsprechende Ausschüsse nur mit geeigneten Mitgliedern besetzt werden.
Vorstandsvergütung
Erneut vertieft zu befassen hat sich der Aufsichtsrat mit der Vorstandsvergütung und dem Vergütungssystem. Er hat das Vergütungssystem des Vorstands nach Maßgabe des dem neu eingefügten § 87a AktG fortzuentwickeln und umfassend zu dokumentieren. Das überarbeitete Vergütungssystem ist spätestens der Hauptversammlung vorzulegen, die nach dem 31. Dezember 2020 – also 2021 – stattfindet. Vor diesem zeitlichen Hintergrund haben bisher nur wenige Gesellschaften das Vergütungssystem bereits angepasst. Die meisten Unternehmen analysieren gerade ihre Situation, prüfen die Angemessenheit der aktuellen Vergütung im Vergleich zu dem externen Markt und der internen Peer Group, ermitteln so, ob es einen Anpassungsbedarf gibt, und überführen das in ein einheitliches Konzept. Erst 2022 müssen dann für das Geschäftsjahr 2021 der Vergütungsbericht erstellt und seine Erstellung vom Abschlussprüfer geprüft werden.
Aber schon heute muss eine Entsprechenserklärung („Comply or explain“) mit Blick auf den ebenfalls neu gefassten DCGK, der im Übrigen einige Vorgaben zur Vorstandsvergütung enthält, abgegeben
werden. Und auch im Jahresabschluss zum aktuellen Geschäftsjahr muss über die Vergütung berichtet werden. Hier muss sich auch der Aufsichtsrat die Frage stellen, ob er (ggf. nur für ein Übergangsjahr) ein neues Reporting einführt, oder ob er das Reporting der vergangenen Jahre fortführt und erst im nächsten Jahr auf ein neues Reporting „umstellt“. Sofern sich in diesem Zusammenhang herausstellt, dass auch nicht alle (neuen) Empfehlungen des DCGK 2020 erfüllt werden, dürfte insoweit ein kurzer Hinweis darauf genügen, dass das Vergütungssystem aktuell noch überarbeitet wird, um das „explain“ zu erfüllen.
Aufsichtsräte, die die Umsetzung der neuen aufsichtsrechtlichen Vorgaben für das Vorstandsvergütungssystem bisher nicht in Angriff genommen haben, sollten spätestens jetzt mit der Überarbeitung des (Vorstands-)Vergütungssystems beginnen, da diese erfahrungsgemäß (inklusive der Einbindung aller relevanten Stakeholder) – abhängig von der Komplexität des Vergütungssystems, der Geschäfts- und Risikostrategie und der Anzahl der zu beteiligenden Stakeholder – einen mindestens drei- bis sechsmonatigen Zeitraum in Anspruch nimmt.
Dr. Volker Schulenburg Partner Corporate/M&A, Deloitte Deutschland
Lars Hinrichs Partner Employment and Pensions, Deloitte Legal