Corporate Governance Inside
Herausforderung Energie und Nachhaltigkeit heute
Energiewende: Status quo und Ausblick
Das Thema Energie war im Jahr 2022 eines der dominierenden Themen in der öffentlichen Berichterstattung und Wahrnehmung. Getrieben durch die Sorgen der privaten und industriellen Energieverbraucher hat die aktuelle Energiekrise eine immense und in der Vergangenheit kaum vorstellbare Aufmerksamkeit und wirtschaftliche Bedeutung erhalten.
Aktuelle Entwicklungen im deutschen Energiemarkt
In diesem Umfeld richten die Energiewirtschaft und die politischen Entscheidungsträger ihr Handeln bezogen auf den deutschen Energiemarkt gerade an drei allgemeinen Oberzielen aus:
- Versorgungssicherheit
- Bezahlbarkeit von Strom und Gas
- Forcierter Ausbau der erneuerbaren Energien
Bedingt durch den Krieg in der Ukraine kommt den beiden ersten Aspekten kurzfristig eine sehr große Bedeutung zu. War noch im letzten Jahr das oberste Ziel der forcierte Ausbau von Erneuerbaren, so stehen in der aktuellen Lage die beiden anderen Ziele im Vordergrund. Eigentlich unpopuläre Maßnahmen wie der gestreckte vorübergehende Weiterbetrieb der drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke wurden zur Verbesserung der Versorgungssicherheit umgesetzt. Auf der Preisseite werden Energieverbraucher durch die sog. Strom- und Gaspreisbremse entlastet. Deren Administration wird die Energieversorger wie Stadtwerke in den kommenden Monaten vor einige Herausforderungen stellen. Gleiches gilt für die avisierte Abschöpfung der sogenannten Zufallsgewinne. Die Politik ist aufgerufen, die richtige Balance zwischen der Gerechtigkeit und Effektivität der Maßnahmen und ihrer einfachen Umsetzbarkeit zu finden.
Im Angesicht der aktuellen Krise gilt es außerdem und besonders, den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht aus dem Fokus zu verlieren. Die Politik scheint erkannt zu haben, dass das aktuelle Ausbautempo im Bereich der Erzeugungskapazitäten oder der Netzkapazitäten nicht ausreicht, um die selbstgesteckten Energiewende- und CO2-Reduktionsziele zu erreichen. Gleichzeitig fehlt weiter der Beweis, dass die bürokratischen Hürden beim Ausbau tatsächlich und effektiv reduziert werden. Mittel- und langfristig wird dies die entscheidende Voraussetzung dafür sein, die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Wirtschaftsstandorts zu erhalten.

Herausforderungen für industrielle Energieverbraucher
Neben der starken Volatilität auf den Energie- und Rohstoffmärkten führen die verschärften Klimaschutzziele zu einer Disruption der Energiebeschaffung bei den industriellen Energieverbrauchern. Herausforderungen ergeben sich aktuell insbesondere in der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie, dem Management von Preis- und Liquiditätsrisiken in volatilen Märkten und der Beurteilung der Risiken sowie der Bilanzierung von neuen Produkten. Für die Unternehmen gilt es, die Auswirkungen auf das bestehende Geschäftsmodell ganzheitlich zu analysieren und die Strukturen im Bereich Energieeinkauf mit all seiner Komplexität neu zu gestalten, auch unter Einsatz neuer Produkte wie Power Purchase Agreements (PPAs) oder Carbon Contracts for Difference (CCfD).
Europa und Deutschland haben ihre Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 definiert. Diese Initiative ist ökologisch unvermeidlich, jedoch zugleich herausfordernd für die gesamte Wertschöpfungskette innerhalb der Energiewirtschaft. Europäische Industrieunternehmen haben im Einklang mit den ESG-Anforderungen von Investoren, Kunden und Stakeholdern die Bereitschaft signalisiert, ihre Geschäftsaktivitäten auf das Erreichen von Klimaschutzzielen auszurichten und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen signifikant zu verringern. Gleichzeitig erfordert die extreme Volatilität auf den Energie- und Rohstoffmärkten eine detaillierte Betrachtung von Preis- und Liquiditätsrisiken und erschwert die Energiebeschaffung. Aufgrund von stabil niedrigen Gas- und Strompreisen in den vergangenen 20 Jahren ergab sich für viele Unternehmen bislang keine Notwendigkeit, aufwendige Strukturen im Bereich Energieeinkauf zu etablieren. Dies hat sich spätestens mit dem russischen Einmarsch in der Ukraine und den damit verbundenen Sanktionen sowie den russischen „Gegenmaßnahmen“ geändert.
Die stark schwankenden Energiepreise stellen eine besondere Herausforderung dar: Auf dem Strommarkt notieren im August 2022 durchschnittliche Day-Ahead-Börsenstrompreise von über 500 €/MWh, was einem Anstieg von über 625 Prozent im Vergleich zum August des Vorjahres entspricht. Auch der Gaspreis hatte sich von knapp 40 EUR/MWh auf über 200 EUR/MWh erhöht. Dies verdeutlicht, dass sich die Energiebeschaffung von einer Nebenausgabe zu einem wichtigen Kostentreiber entwickelt. Trotz der staatlichen Eingriffe und Stützungsmaßnahmen ist nicht zu erwarten, dass das Kostenniveau in absehbarer Zeit wieder auf das Vor-Krisenniveau sinken wird. Diese Art von Volatilität setzt die Cashflows der Marktteilnehmer erheblich unter Druck. Gewöhnliche Beschaffungsstrategien tragen unter diesen neuen Marktbedingungen nicht länger zu Stabilität bei.
Hinzu kommt, dass sich die Energieerzeugung diversifiziert und neue Produkte und Geschäftsmodelle entstehen. Erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie werden zu wirtschaftlich tragfähigen Energiequellen, innovative Energielösungen wie Wasserstoff und LNG eröffnen völlig neue Möglichkeiten. Zudem ermöglichen Power Purchase Agreements (PPA) oder Carbon Contracts for Difference (CCfD), die Abhängigkeit von Marktpreisschwankungen zu verringern und langfristige Versorgung zu sichern. Folglich sind die Marktteilnehmer gezwungen, ihre Energiebeschaffungsstrategien und die damit verbundenen Prozesse zu hinterfragen und entlang der Marktdynamik weiterzuentwickeln.
Deloittes Beitrag zum Gelingen der Energiewende
Deloitte Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zum Gelingen der Energiewende zu leisten. Dazu haben wir sowohl für die Energiewirtschaft als auch die Energieverbraucher interessante Lösungen entwickelt, die wir gerne auf den jeweils konkreten Fall maßgeschneidert anpassen.
Die Energy Trading & Markets (ETM) Group von Deloitte unterstützt Unternehmen funktionsübergreifend bei allen Herausforderungen und Fragestellungen rund um die Energie- und Rohstoffbeschaffung. Die ETM Group bündelt das Fachwissen aller Deloitte-Bereiche und hat es sich zum Ziel gesetzt, aktiv zur Energiewende beizutragen. Wir verstehen uns als Sparringspartner für alle Herausforderungen, die Marktteilnehmer rund um die Energie- und Rohstoffbeschaffung zu bewältigen haben. Wir unterstützen dabei sowohl Industrie- als auch Energieunternehmen und orientieren unsere Leistungen an den Fragestellungen und Herausforderungen unserer Kunden.
Die Energy Trading & Markets (ETM) Group von Deloitte bündelt funktionsübergreifend das Fachwissen aller Deloitte-Bereiche und möchte die Marktteilnehmer bei den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen und Fragestellungen rund um die Energie- und Rohstoffbeschaffung unterstützen. Dabei verstehen wir uns als Sparringspartner für die betroffenen Unternehmen zu allen Fragen von der Beschaffung bis hin zur Umstellung auf erneuerbare Energien. Wir beraten dabei sowohl Industrie- als auch Energieunternehmen und orientieren unsere Leistungen an den Fragestellungen und Herausforderungen unserer Kunden.
Industrieunternehmen:
- Wie lassen sich ESG-Strategie und -Prozesse konkret umsetzen und Partner für erneuerbare Energien finden?
- Wie wirken sich aktuelle Marktbedingungen auf die Energiebeschaffung aus und wie sollte darauf reagiert werden?
- Welche sind die Risiken und bilanziellen Auswirkungen, bspw. nach IFRS, auf neue Produkte und Geschäftsmodelle?
Energieunternehmen:
- Wie können die Energiehandels- und Deal-Life-Cycle-Prozesse analysiert und die Risikomanagementfähigkeiten verbessert werden?
- Wie lassen sich die Liquiditäts-, Marktpreis- und Kreditrisikomethodiken besser bewerten und vergleichen?
- Wie werden neue Produkte und Geschäftsmodelle in den Systemen und der Bilanzierung abgebildet?
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