Corporate Governance Inside Legislation & Jurisdiction


Nachhaltigkeits­berichter­stattung:

CSRD-Umsetzung, ESRS-Überarbeitung und Anpassungen der Taxonomie-Vorgaben aus Sicht realwirtschaft­licher Unternehmen,

Der Themenbereich Nachhaltigkeit bleibt eine wichtige Herausforderung für die Unternehmensüberwachung. Nachdem die EU-CSR-Richtlinie (CSRD) 2024 nicht umge­setzt wurde, standen große börsen­notierte Unternehmen vor der Ent­scheidung, ob sie nunmehr freiwillig nach den neuen Vorga­ben der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) berichten, in Anlehnung an ESRS oder ohne Bezug­nahme auf die ESRS. Zwischenzeitlich werden die Berichtspflichten im Rahmen des sog. Omnibus-Verfahrens inhaltlich überarbeitet und gekürzt, gleichzeitig der Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen verringert und der Zeitpunkt der erstmaligen Berichtspflicht in die Zukunft verschoben. Der Kapitalmarkt hält unverändert an der Forderung nach aussagekräftigen Nachhaltigkeitsinformationen fest, wie z.B. die DVFA in ihrer kürzlich vorgelegten Stellungnahme zur neuen Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen in der EU ausgeführt hat. Parallel läuft eine Vielzahl von Initiativen, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene. Für die zuständigen Fachbereiche in den Unternehmen, aber auch die zuständigen Überwachungsorgane verfestigt sich das Gefühl des Versuchs, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen. Im Folgenden werden drei zentrale Entwicklungen kurz vorgestellt und eingeordnet. 1. Nationale Umsetzung der CSRD unter Berücksichtigung des Omnibus-Verfahrens Der Regierungsentwurf des CSRD-UmsG sieht vor, dass große Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 1000 Arbeitnehmenden für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2025 begonnen haben, verpflichtet sind, eine Nachhaltigkeitserklärung nach ESRS aufzustellen. Die Nachhaltigkeitserklärung ist inhaltlich durch einen Wirtschaftsprüfer mit begrenzter Sicherheit („limited assurance“) zu prüfen. Für das Geschäftsjahr 2026 wird eine ESEF-Tagging-Pflicht erwartet. Die bisher schon bestehende Prüfungspflicht des Aufsichtsrats (§ 171 AktG) soll fortbestehen. Der Pflichtenkatalog des Prüfungsausschusses (§ 107 AktG) soll u.a. um die Überwachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung erweitert werden. Noch ungeregelt bleibt im RegE die Frage, welche Non-PIEs zu welchem Zeitpunkt zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet werden – hier ist der Abschluss des Omnibus-Verfahrens auf EU-Ebene abzuwarten. Es zeichnet sich ab, dass große Unternehmen bzw. Konzerne mit mehr als 1000 bzw. 1750 (derzeit noch in Diskussion auf EU-Ebene) Mitarbei­tenden und mehr als 450 Mio. Euro Umsatz für am oder nach dem 1. Januar 2027 beginnende Geschäftsjahre berichts- und prüfungspflichtig werden. Es ist derzeit nicht sicher, dass die CSRD-Umsetzung in Deutschland noch in diesem Jahr erfolgt. 2. Die Überarbeitung der ESRS Die EFRAG hat im Rahmen des Omnibus-Verfahrens um 57 Prozent gekürzte und an verschiedenen Stellen klargestellte ESRS-Entwürfe zur Konsultation gestellt. Die finale ESRS-Empfehlung möchte die EFRAG im November 2025 an die EU-Kommission übermitteln, die darauf aufbauend im Q2/2026 die finalen überarbeiteten ESRS vorlegt. Diese sollen für das Geschäftsjahr 2027 verpflichtend anzuwenden sein. Es wäre wünschenswert, dass eine freiwillige frühzeitige Anwendung bereits für 2026 zugelassen wird. Es zeichnet sich ab, dass die aktuell vorgesehene Reduktion von insgesamt 57 Prozent der ursprünglich vorgesehenen Datenpunkte zwar eine Erleichterung ist, der Aufwand für die Ersteller wird aber wohl nicht im selben Maß gesenkt. 3. Anpassungen der Taxonomie-Vorgaben Die EU-Kommission hat im Juli 2025 einen delegierten Rechtsakt mit Erleichterungen der Taxonomie-Berichterstattung vorgelegt. Dieser sieht explizite Wesentlichkeitsvorbehalte vor, Angaben zu OpEx können unter bestimmten Voraussetzungen ggf. nahezu vollumfänglich unterbleiben, die in der Berichtspraxis unbeliebten detaillierten Meldebögen sollen gekürzt werden, die Meldebögen für Gas-/Nuklear-Aktivitäten gestrichen werden, Do-no-significant-harm-Vorgaben bzgl. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung angepasst werden. EU-Rat und EU-Parlament können diesem Rechtsakt nur zustimmen oder ihn zurückweisen – eine Zustimmung mit Anpassungen ist nicht möglich. Allerdings wurde die hierfür einschlägige Frist bis in den Januar 2026 verlängert, sodass Unternehmen ggf. erst dann wissen, ob sie die Erleichterungen für die Berichterstattung 2025 nutzen können.

Was bedeutet das für Unternehmen?

  • Börsennotierte Unternehmen mit mehr als 1000 Arbeitnehmenden („Wave 1“): Wenn bereits für 2024 freiwillig nach ESRS berichtet wurde und der Bericht einer inhaltlichen Prüfung unterlag, erscheinen die unmittelbaren Auswirkungen aus einer Finalisierung der CSRD-Umsetzung noch im Laufe von 2025 überschaubar. Ist eine solche ESRS-Readiness noch nicht gegeben, können die Auswirkungen erheblich sein. Die EFRAG-Entwürfe der überarbeiteten ESRS können dabei allenfalls für die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe herangezogen werden. Inwiefern die angepassten Taxonomie-Vorgaben eine Erleichterung sind, hängt vom Geschäftsmodell des jeweiligen Unternehmens ab. Herausfordernd ist hier vor allem die erwartbar späte Gewissheit, ob die Erleichterungen tatsächlich final zustandekommen.
  • Nicht börsennotierte Unternehmen mit mehr als 1000 bzw. 1750 (derzeit noch in Diskussion auf EU-Ebene) Arbeit­nehmenden und mehr als 450 Mio. Euro Umsatz („Wave 2“) sollten die Vorbereitungen für eine Berichterstattung 2027 intensivieren – soweit noch nicht geschehen. Zuständigkeiten, Datenerfassung, Konsolidierungskreis können bereits geklärt werden, die doppelte Wesentlichkeitsanalyse kann durchgeführt werden, Taxonomie-Fähigkeit und Taxonomie-Konformität können analysiert werden. Gleichzeitig ist die ESRS-Überarbeitung zu beobachten. Unsere gemeinsam mit dem DRSC durchgeführte Analyse der Nachhaltigkeitsberichterstattung 2024 zeigt, dass die Themenbereiche Klimaschutz/CO2, Energieverbrauch sowie eigene Arbeitnehmende bei nahezu jedem Unternehmen wesentlich sind: Hier können Unternehmen sich bereits auf die (durchaus umfangreiche) Datenerhebung vorbereiten.

Unternehmen, die nach derzeitigem Informationsstand nicht berichtspflichtig werden, können entscheiden, ob sie künftig freiwillig über Nachhaltigkeit berichten wollen. Der EU Voluntary Standard for Micro-, Small- and Medium-sized Enterprises (VSME) erscheint hier als ein robuster und überschaubarer Rahmen für eine freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Dr. Matthias Schmidt Partner| Sustainability Assurance | Deloitte

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