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­VSME statt ESRS

Welche Möglichkeiten bietet die freiwillige Nachhaltig­keitsbericht­erstattung? ,

Bereits im Februar 2025 hatte die EU-Kommission mehrere Vorschläge zur Reduktion des Aufwands der Nachhaltig­keitsberichterstattung im Rahmen der sog. „Omnibus-Initiative“ veröffentlicht. Geplant sind mehr Zeit für große Unternehmen der Wellen 2 und 3, überarbeitete, reduzierte und klarer strukturierte European Sustai­nability Reporting Standards (ESRS) und eine Eingrenzung des Anwendungs­kreises der von der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) betroffenen Unternehmen. Nachdem im vergangenen Jahr die CSRD nicht in nationales (deutsches) Recht umgesetzt wurde, könnte eine Umsetzung unter der neuen Bundes­regierung noch 2025 möglich zu sein. Parallel dazu rückt auch die Frage in den Fokus, wie kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die nicht direkt unter die CSRD fallen, mit den steigenden Anforderungen entlang der Wertschöpfungskette umgehen können – hier bietet der neue freiwillige Voluntary Sustainability Reporting Standard for non-listed SMEs (VSME-Standard) eine vielversprechende Lösung. Damit wird auch die Beschäftigung mit der Frage, ob künftig verpflichtend oder freiwillig eine Nachhaltigkeitsberichterstattung erfolgen soll, für Vorstände und Aufsichtsräte wieder aktueller. Aus dem Regierungsentwurf des CSRD-Umsetzungsgesetzes geht hervor, dass sich der Prüfungsausschuss u.a. auch mit der Überwachung des Prozesses der Nachhaltigkeits­berichterstattung als Teil des Rechnungs­legungsprozesses und der Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts (§ 107 Abs. 3 AktG-E) befassen soll. Aufsichtsräte von Unternehmen, die potenziell von der CSRD-Berichtspflicht betroffen sind, sollten sich daher nun schnellstmöglich mit den künftigen Anforderungen vertraut machen. Im Rahmen des bislang noch gültigen CSR-RUG müssen Aufsichtsräte großer kapital­marktorientierter Unternehmen eine inhaltliche Prüfung der nicht-finanziellen Erklärung (nfE) durchführen. Indes besteht aktuell keine Pflicht zur Prüfung der nfE durch einen externen Prüfer. Dies wird sich durch die Einführung einer verpflichtenden Prüfung der Nachhaltigkeits­bericht­erstattung im Rahmen der CSRD ändern. Der Prüfer des Nachhaltigkeits­berichts soll gem. RegE künftig ein Wirtschaftsprüfer bzw. eine Wirtschafts­prüfungsgesellschaft sein. Aber auch Aufsichtsräte kleiner und mittlerer Unternehmen, die nicht originär unter die Berichtspflicht nach der CSRD fallen werden, sollten sich mit der Thematik Nachhaltigkeits­berichterstattung kritisch auseinandersetzen. Die nach ESRS verpflichtenden Datenpunkte zur eigenen Wertschöpfungskette werden von großen Unternehmen vielfach an die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) weitergereicht („Trickle-down-Effekt“). Daher kann für die nicht berichtspflichtigen Unternehmen eine freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung sinnvoll werden, um wiederkehrend auftretende Informationsbedürfnisse der Stakeholder zentral zu beantworten.

Für KMU bietet sich der freiwillige VSME-Standard an, der von der EFRAG für nicht börsennotierte KMU entwickelt wurde. Der VSME-Standard besteht aus zwei Modulen (Basic und Comprehensive) und enthält drei Arten von Angaben (verpflichtende, freiwillige und „if applicable“). Der Vorteil der VSME-Berichter­stattung besteht in dieser Hinsicht im Rahmen des sogenannten „Value Chain Cap“, der in der zukünftigen CSRD verankert sein soll. Dieser soll die Informationsanforderungen in der Wertschöpfungskette von CSRD-berichts­pflichtigen Unternehmen auf Daten des VSME begrenzen. Ziel der Maßnahme ist es, dass der VSME nicht berichtspflichtige Unternehmen vor übermäßigen Anforderungen der Stakeholder schützen kann und zu einer Standardisierung der Informationsabfrage entlang der Wertschöpfungskette beitragen soll. Im Gegensatz zu den ESRS ist keine Wesentlichkeitsanalyse für die Berichterstattung nach VSME durchzuführen. Der VSME-Standard orientiert sich am Set 1 der ESRS, deckt dieses aber nicht vollständig ab, sondern greift bewusst in den einzelnen Aspekten auf ausgewählte Datenpunkte und Definitionen der ESRS zurück. Im Gegensatz zur CSRD-Nachhaltigkeits­berichterstattung (integrierter Teil des Lageberichts) besteht für die freiwillige Berichterstattung kein verbindliches Berichtsformat, eine freiwillige betriebswirt­schaftliche Prüfung der Berichterstattung ist jedoch möglich. Die strategische Relevanz des Themas Nachhaltigkeit bleibt unbestritten für alle Unternehmen bestehen. Der Dialog zwischen Vorstand und Aufsichtsrat zur Positionierung im Bereich Nachhaltigkeit ist von entscheidender Bedeutung für die Resilienz und letztlich die Zukunftsfähigkeit der Geschäftsmodelle der Unternehmen. Gerade durch den Wegfall von gesetzlichen Pflichten kann in der freiwilligen Nachhaltigkeits­berichterstattung eine echte Chance liegen. Die damit einhergehende strukturierte Befassung mit Nachhaltigkeits­aspekten dient als Ausgangspunkt für die strategische Weiterentwicklung.

Jan Joos

Director| Audit & Assurance | Deloitte Deutschland

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Arne Vilmar

Director| Audit & Assurance | Deloitte Deutschland

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Carsten Auel

Partner| FSI Assurance | Deloitte Deutschland

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