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Green Finance – die Auswirkungen nachhaltiger Finanzierung auf die Bilanzierung
Nachhaltigkeit hat in den vergangenen Jahren mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Sie steht für eine Entwicklung, welche die Bedürfnisse der Gegenwart erfüllt, ohne die Erfüllung der Bedürfnisse in der Zukunft zu gefährden. Dieser Trend soll auch zunehmend durch den Einsatz spezifischer Finanzierungsinstrumente gefördert werden, was unterschiedliche Auswirkungen auf die Bilanzierung haben kann.
Green Finance als nachhaltige „grüne“ Finanzierung subsumiert diverse finanzwirtschaftliche Ansätze und Instrumente zum Schutz von Umwelt und Klima unter sich. Die Ausrichtung an einer „grünen“ Finanzierung gewinnt immer mehr an Bedeutung in der Unternehmensführung – nicht zuletzt auch durch die EU-weiten regulatorischen Bemühungen. Ziel des entwickelten EU-Aktionsplans ist die Etablierung einer nachhaltigen Finanzierung, indem die Kapitalflüsse auf den Umbau einer ökologischen Wirtschaft ausgerichtet werden, Nachhaltigkeit stärker in das Risikomanagement integriert wird und die Transparenz dieser neuen Finanzprodukte gefördert wird. Innerhalb der sich hierbei entwickelnden Green Finance existieren diverse Finanzierungsinstrumente, mit deren Hilfe eine ökologisch nachhaltige Entwicklung gefördert werden soll. Es gibt zum einen Finanzierungen nachhaltiger Projekte (z.B. Green Bonds) und zum anderen projektunabhängige Finanzierungen, die für alle Unternehmenszwecke geeignet sind, sog. ESG Loans (Environmental, Social, Governance) oder auch Positive Incentive Loans. Bei Green Bonds kann es sich u.a. um konventionelle Anleihen handeln, deren Emissionserlös für „grüne“ Zwecke verwendet wird, wie beispielsweise den Bau von umweltfreundlichen Gebäuden oder die Finanzierung von erneuerbaren Energien. Die Bilanzierung unterscheidet sich daher nicht von der Vorgehensweise bei anderen konventionellen Anleihen. Anders kann es jedoch aussehen, wenn gewisse Vertragskonditionen an die Erreichung von Nachhaltigkeitskennzahlen des Emittenten gekoppelt sind. Die Höhe der Verzinsung kann dabei sowohl von ESG-Ratings von Nachhaltigkeitsagenturen als auch von individuell vereinbarten Kennzahlen (z.B. CO2-Ausstoß des Unternehmens) abhängen. Bei diesen vertraglichen Ausgestaltungen ist eine besondere Analyse der Klassifizierungskriterien des IFRS 9 erforderlich. Der Standard regelt die Bilanzierung von Finanzinstrumenten und sieht für die Klassifizierung finanzieller Vermögenswerte eine mögliche Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder zum Fair Value vor. Bei der Einstufung des finanziellen Vermögenswertes ist genau zu untersuchen, inwiefern die Bindung an das jeweilige ESG-Rating des Unternehmens die Klassifizierung beeinflusst. Dies kann u.U. zu einer anderen Kategorisierung gem. IFRS 9 führen als bei Finanzierungsformen, die nicht an ein ESG-Rating gekoppelt sind. Bei der Bilanzierung von finanziellen Verbindlichkeiten sind im Kontext von ESG-Ratings insbesondere eingebettete Derivate zu beachten. Eine ESG-Verknüpfung der Verzinsung kann nach IFRS 9 ein in den Basisvertrag eingebettetes Derivat darstellen, welches hinsichtlich einer Abtrennungspflicht vom Basisvertrag zu untersuchen ist. Folglich muss in beiden Fällen die mit der ESG-Verknüpfung einhergehende Variabilität der Zahlungsströme für Zwecke der Bilanzierung nach IFRS 9 genauer untersucht werden. Dabei handelt es sich jeweils um eine Einzelfallbeurteilung, von deren Ausgang die unterschiedlichen Bilanzierungsfolgen abhängen.
Silvia Geberth Partner | Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Head of Accounting & Reporting Advisory Services, Deloitte Deutschland
Diana Oehlsen
Senior Manager | Accounting & Reporting Advisory Services, Deloitte Deutschland
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