Corporate Governance Inside
Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz
Geopolitics and Corporate Resilience
Wachstum und Management in herausfordernden Zeiten
Anlässlich der Deloitte Lounge bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2025 haben wir auf unserer Eröffnungsveranstaltung eine Panel-Diskussion mit Top-Managern zu diesem Thema geführt. Ausgehend von den aktuell anhaltenden und sich auch im Zuge der Konferenz weiter manifestierten geopolitischen und geoökonomischen Entwicklungen, den bisher in dem Ausmaß nicht gekannten Volatilitäten sowie damit verbundenen Unsicherheiten stehen global agierende Unternehmen und ihre Vorstände und Aufsichtsräte vor besonderen Herausforderungen, wenn es darum geht, unter erschwerten Bedingungen ihre Wachstumsziele erreichen zu können. Zu den Panel-Teilnehmern gehörten Harald Krüger, Mitglied des Aufsichtsrates der Deutschen Telekom und der Lufthansa sowie ehemaliger CEO von BMW, René Obermann, Chairman von Warburg Pincus Europe sowie Chairman des Board of Directors bei Airbus, Susanne Wiegand, bis Januar 2025 CEO der RENK Group AG, und Dr. Jeannette zu Fürstenberg, Managing Director & Head of Europe bei General Catalyst sowie Founding Partner von La Famiglia VC als Venture-Capital-Unternehmerin.
Fazit aus der Panel-Diskussion: Agilität, also Geschwindigkeit und Flexibilität, sei eine der wesentlichen Antworten auf die heutigen globalen Herausforderungen. Agilität ist dabei wesentlicher Bestandteil unternehmerischer Resilienz und damit auch Teil der Führungs- und Unternehmenskultur. Die Geschwindigkeit, mit der Unternehmen auf Herausforderungen reagieren müssen, habe sich deutlich erhöht: Konflikte seien zu analysieren, Risiken und Chancen zu bewerten, um dann global strategisch ausgewogen reagieren zu können – mit entsprechenden Handlungsszenarien. Flexibles Handeln sollte sowohl bei Absatzmärkten als auch in Bezug auf die Lieferketten möglich und damit vorgedacht sein: Die globale Absatzverteilung sollte (idealerweise) ausgewogen sein; eine einseitige Abhängigkeit birgt ein hohes unternehmerisches Risiko. Bei globalen Lieferketten sind Single-Sourcing-Strategien sehr gefährlich, Unternehmen sollten ein Decoupling der Supply Chain simulieren und Contingency-Pläne entwickeln. Single Points of Failure, also Bottlenecks, sollten unbedingt vermieden werden. Ziel sei, eine globale Ausgewogenheit der Wertschöpfungsstrukturen („local for local“) zu erreichen; dann könne man auch schneller auf Marktanpassungen reagieren. Die genannten Aspekte sind wesentlicher Bestandteil der Erörterungen in den gemeinsamen Sitzungen von Vorstand und Aufsichtsrat.

Auch in Bezug auf den Umgang mit Sicherheit und Sicherheitspolitik zeigte die Panel-Diskussion auf, dass Business Leader über viele Jahre hinweg zu passiv in Bezug auf die Unterstützung einer klugen Sicherheitspolitik gewesen seien. Dies sei aber auch ein kulturelles Thema; im Boardroom sei diese Notwendigkeit inzwischen angekommen, daher müssten die Unternehmensverantwortlichen aktiv werden in Bezug auf die Implikationen und Wechselwirkungen für das eigene Unternehmen. Geopolitik und Risk Management müssten essenzieller Bestandteil strategischer Planung im Boardroom sein. Man sollte in Szenarien denken und Contingency-Pläne haben, um bei Störungen umgehend reagieren zu können.
Von großer Bedeutung in der Diskussion war zudem der Umgang mit KI zur Stärkung der Resilienz auch in Europa. Hier bräuchte man nach Erörterung der Panel-Teilnehmer eine KI- und IT-gestützte Sicherheitsarchitektur, vom All über Defence in den Unternehmen bis hin zur kritischen Infrastruktur (Energie, Telekommunikation etc.); es ginge dabei nicht nur darum, Fortschritte zu machen, sondern diesen Wettbewerb gewinnen zu können. Dies sei mit sehr großer Dringlichkeit voranzubringen, denn die Technologie macht rasante Fortschritte. Mit über 60 der größten europäischen Unternehmen wurde die europäische KI Champions Initiative gegründet, um KI anzuwenden, aber auch um eine europäische KI-Lieferkette zu bauen. Europa müsse bei KI souveräner werden; hierfür solle Kapital aktiviert werden, auch von internationalen Kapitalgebern. KI müsste bei Unternehmen Eingang ins Tagesgeschäft und in die Anwendungen finden. Gegenstand der Erörterung war auch, was ein guter Aufsichtsrat mit Blick auf KI macht. Er beleuchtet technologische Szenarien: Welche Chancen hat das Unternehmen, durch KI neue Märkte/Produkte/Umsätze zu generieren? Welche Prozesse lassen sich damit effizienter gestalten? Wo kann man durch KI Kosten sparen? Wer kann das Unternehmen durch KI angreifen/eliminieren? Wo liegen das unternehmerische Risiko und eine Bedrohung durch KI? Insgesamt gehe es aber nicht nur um KI; es gebe weitere Zukunftstechnologien, die man im Auge haben sollte, z.B. Quantencomputing. Als fundamental wird in diesem Zusammenhang auch eine wettbewerbsfähige, kostenoptimierte Energieversorgung angesehen. Stabilität in der Energieversorgung ist für KI entscheidend; Rechenzentren sind strategisch wichtige Ressourcen; es sollte in Europa möglich sein, die Daten auf eigenen Plattformen zu hosten und Abhängigkeiten zu reduzieren.
Die sehr intensive Diskussion zeigte die aktuellen Herausforderungen für das europäische Top-Management – sowohl Executive als auch Aufsichtsrat – in ihren jeweiligen Rollen auf: Mindset-Änderung, Agilität, Geschwindigkeit, gemeinsames Agieren, neue Technologien vorantreiben, Sicherheit in der Strategie mit verankern. Wir freuen uns schon auf unsere Deloitte Lounge zur Münchner Sicherheitskonferenz 2026!
Global Boardroom Program Lead und Leiter des Deloitte Board Programs in Deutschland
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