Corporate Governance Inside Legislation & Jurisdiction
ARUG II
Der Bundestag hat am 14. November 2019 das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) verabschiedet. ARUG II wird bestimmte Rechte der Aktionäre neu gestalten.
Nach gut zehn Jahren hat der europäische Gesetzgeber die erste Aktionärsrechterichtlinie aus dem Jahre 2007 in einer sogenannten 2. Aktionärsrechterichtlinie (EU-Richtlinie 2017/828 vom 17. Mai 2017) grundlegend überarbeitet. Ziel ist die Verbesserung der Mitwirkung der Aktionäre börsennotierter Gesellschaften. Um dies zu erreichen wurden folgende Bereiche neu geregelt:
- Mitspracherechte der Aktionäre bei der Vergütung von Aufsichtsrat und Vorstand („Say-On-Pay“)
- Regelungen zu Geschäften mit nahestehenden Unternehmen und Personen („Related-Party-Transactions“)
- Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz bei institutionellen Anlegern, Vermögensverwaltern und Stimmrechtsberatern („Comply-or-Explain“)
- Rechte und Pflichten zur Identifikationen und Information von Aktionären („Know-Your-Shareholder“).
Eigentlich hätte die Richtlinie bis Juni 2019 in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Der entsprechende Gesetzesvorentwurf, das ARUG II, lag auch rechtzeitig vor, allerdings dauerten die parlamentarischen Beratungen, insbesondere wegen der Vergütungsthematik, sehr lange, sodass das ARUG II erst zum 01. Januar Anfang 2020 in Kraft trat.
Große Bedeutung, vor allem auch in der öffentlichen Wahrnehmung, besitzen die Regelungen zur Vergütung von Vorständen und Aufsichtsräten und die damit verbundene Mitwirkung der Aktionäre. Bei der Mitwirkung der Aktionäre hat sich der Gesetzgeber für ein nur empfehlendes Votum der Hauptversammlung im Hinblick auf das System zur Vergütung der Vorstände entschieden. Hätte man demgegenüber ein bindendes Votum eingeführt, so wäre damit das dualistische deutsche System, in dem der Aufsichtsrat die Vergütung des Vorstandes festlegt, beschädigt worden.
Der Aufsichtsrat muss künftig eine Maximalvergütung („Cap“) für den Vorstand festlegen. Dies kann für jedes Ressort einzeln oder für den Gesamtvorstand insgesamt festgelegt werden. Die Höhe steht im Ermessen des Aufsichtsrats, sie kann allerdings von der Hauptversammlung mit für die Zukunft bindender Wirkung herabgesetzt werden.
Vergütungsbericht
Nach der endgültigen Fassung des ARUG II müssen Vorstand und Aufsichtsrat eines börsennotierten Unternehmens künftig jährlich einen separaten, klaren und verständlichen Vergütungsbericht erstellen, der Angaben zur Vergütung jedes einzelnen Mitglieds des Vorstands und des Aufsichtsrats und zu Leistungen an diese sowie weitere Einzelangaben enthält (§ 162 Abs. 1 und 2 AktG). Folgende Angaben sind danach notwendig:
- Alle festen und variablen Vergütungsbestandteile;
- eine vergleichende Darstellung der jährlichen Veränderung der Vergütung des jeweiligen Organmitglieds, der Ertragsentwicklung des Unternehmens und der durchschnittlichen Arbeitnehmervergütung der letzten fünf Geschäftsjahre;
- die Anzahl der gewährten oder zugesagten Aktien und Aktienoptionen und die wichtigsten Ausübungsbedingungen;
- Angaben zur Rückforderung variabler Vergütungsbestandteile (sogenannte Clawbacks);
- Angaben und Erläuterungen zu etwaigen Abweichungen vom festgelegten Vergütungssystem für den Vorstand;
- Erläuterungen, wie der Hauptversammlungsbeschluss über die Billigung des Vergütungsberichts für das vorangegangene Geschäftsjahr berücksichtigt worden ist.
Prüfung des Vergütungsberichts
Der Gesetzesentwurf sieht nur eine formelle Prüfung des Vergütungsberichts durch den Abschlussprüfer vor. Das heißt, es ist zu überprüfen, ob die geforderten Angaben gemacht wurden, während eine inhaltliche Prüfung nicht erfolgt. Über diese Prüfung ist ein Vermerk zu erstellen, der dem Bericht beigefügt werden muss (§ 162 Abs. 2, Abs. 3 AktG). Darin ist lediglich festzuhalten, ob die Formalien des Vergütungsberichts eingehalten wurden und wenn nicht, gegen welche Regelungen verstoßen wurde. Der noch im Referentenentwurf vorgesehene umfassende Prüfungsbericht entfällt.
Veröffentlichung
Nach dem Votum der Hauptversammlung ist der Vergütungsbericht zusammen mit dem Prüfungsvermerk für zehn Jahre auf der Internetseite des Unternehmens zu veröffentlichen. Ist eine längere Veröffentlichung erfolgt, sind nach Ablauf der zehn Jahre personenbezogene Daten aus den Vergütungsberichten zu entfernen.
Erstanwendung
Das ARUG II sieht relativ großzügige Übergangsfristen vor. Ein Vergütungsbericht nach den neuen aktienrechtlichen Vorgaben ist erstmals für Geschäftsjahre anzufertigen, die nach dem 31. Dezember 2020 beginnen (§ 26j Abs. 2 AktG).
Aktuell besteht daher noch kein Handlungsbedarf, da Unternehmen mit kalendergleichem Geschäftsjahr noch einen und Unternehmen mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Geschäftsjahr sogar noch zwei Vergütungsberichte nach den derzeitigen Regeln erstellen können.
Die neuen Regelungen zur Beschlussfassung über das Vergütungssystem einschließlich der Maximalvergütung gelten nach der endgültigen Fassung des ARUG II für die Hauptversammlungen, die nach dem 31. Dezember 2020 stattfinden (§ 26 Abs. 1 EG- AktG). Freiwillig ist bereits früher eine solche Beschlussfassung möglich.
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